Historische Einsätze und Grossschadenfälle
Windhose 24.05.1929
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Hof Lühning an der Hauptstraße (heute
Lindenstraße)
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Auszug aus der Schulchronik Elstorf
24.Mai 1929: "Elstorf wird vom Wirbelsturm heimgesucht!" "Gegen 6 Uhr zogen aus Südwesten neue Wolkenmassen heran. Eine
starke Verdunkelung
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Zeitungsartikel aus den Harburger Anzeigen und Nachrichten vom 27.05.1929: Die Sturmkatastrophe in Elstorf Die verhängnisvolle Begleiterscheinung des Gewitters am Freitag nachmittag.- Der große Sachschaden an Gebäuden, Bäumen und Gärten.- Der ungedeckte Schaden schwer abzuschätzen.- Dringlichkeitsantrag bei der Kreisverwaltung.- Viele Schaulustige am Sonntag in Elstorf. Die Wirbelsturm-Katastrophe in dem etwa 460 Einwohner zählenden
Kirchspiel-Dorf Elstorf, Kreis Harburg, hat, wie schon kurz berichtet,
einen riesigen Sachschaden angerichtet. Am Freitag nachmittag gegen 6
Uhr trat das Unheil ein. Die Schwüle des Tages schien durch einen
kräftigen Gewitterregen abgelöst zu werden. Die Luftbewegung
wurde aber zusehends stärker, der Himmel verfinsterte sich unheimlich
und mit einem gewaltigen Regenguß vermischte sich ein ungeheurer
Hagelschlag. Es gesellte sich sehr bald ein gewaltiger Sturm hinzu, der
die Kraft eines Tornados annahm. Der Wirbelsturm kam von der Diers- torfer
Heide, nahm seinen Weg über die Gegend von Hollenstedt und brach
dann vom Südwesten her in Elstorf ein. In das Brausen des Sturmes
und den klatschenden Regen prasselte der schwere Hagelschlag, sodaß
viele Fensterscheiben zer- sprangen. Von Grauen her kam die Windhose herangezogen.
Für den, der sie beobachten konnte, ein überaus eindrucksvolles
Naturschauspiel: Ein trichterförmiger heller Streifen, nach oben
hin auseinanderfliegend, auf dem Erdboden ein entsetzliches Vernichtungswerk
verrichtend. Alte Bäume wurden im Nu entwurzelt, Telegraphenstangen
wurden umgelegt, Lichtleitungen zerstört. Vor allem aber wurden durch
die ungeheure Kraft dieses Naturereignisses viele Gebäude aufs schwerste
beschädigt. Einige stürzten in sich zusammen. Das Krachen der
vom Sturm zerfetzten Wohnhäuser, Scheunen und Ställe klang wie
eine schauerliche Musik. Der Wirbel drehte dicke Aeste von den Bäumen,
und die prachtvollen Linden, eine Zierde des Dorfes, wurden zu Dutzenden
aus dem Erdreich gerissen oder wie ein Streichholz geknickt. Im Sturz
haben die mächtigen Bäume sehr oft Licht- und Telephonleitungen
durchschlagen oder Zerstörungen an den Gebäuden angerichtet.
Schwere Ackerwagen wurden wie Bälle fortgeschleudert. Die Dachstühle
einer ganzen Anzahl (von Häusern) wurden einfach abgehoben und fortgeschleudert.
Selbst massive Gebäude konnten dem Orkan nicht widerstehen und so
sieht man auch eine Reihe von Ziegeldächern ganz oder teilweise zerstört,
während das Mauerwerk mehr oder weniger große Risse aufweist.
Die Katastrophe dauerte nur etwa 3 Minuten, dann hatte die Windhose ihren
Weg in der Richtung Neu-Wulmstorf weiter genommen. Das Unheil hat mindestens
22 Gebäude, die meistens wirtschaftlichen Zwecken dienten, zum großen
Teil gänzlich zerstört. Es ist bei dem Wüten der Naturkräfte
in Elstorf kein Menschenleben zu Schaden gekommen und wie ein Wunder ist
es auch zu betrachten, daß auch kein Viehschaden entstanden ist,
obwohl in den meisten Fällen vor dem sich ankündenden Gewitter
das Vieh in die Ställe getrieben war. Es hat hier ein glücklicher
Zufall gewaltet, was auch darauf zurückzuführen ist, daß
es sich in der Hauptsache um strohgedeckte Gebäude handelt und die
Umfassungsmauern fast durchweg stehen geblieben sind. Beispielsweise wurde
in einem Wirtschaftsgebäude eine Klucke mit 11 Küken, die im
Dachgeschoß Schutz gesucht hatte, völlig heil aufgefunden,
obwohl das Gebäude selbst fast völlig zerstört ist. Am schwersten betroffen sind die Besitzungen des Gemeindevorstehers und Landwirts P. Luthmer und der Landwirte P. Kanebley und O. Be- necke. Die erst vor wenigen Jahren errichtete große Feldscheune des Gastwirts Prigge ist ebenfalls vernichtet. Ein noch im Rohbau befindliches Gebäude mit Ziegeldach ist ebenfalls zum größten Teil abgedeckt. Direkt durch die Mitte des Dorfes in etwa vierhundert Meter Breite hat der Tornado seinen Weg genommen. Das Zentrum der Zerstörung liegt in unmittelbarer Nähe des Kriegerdenkmals, das aber ebenfalls wie durch ein Wunder unversehrt geblieben ist. Noch am Unglückstage wurde mit den notwendigen Aufräumungsarbeiten begonnen und Hilfskräfte von benachbarten Gemeinden hierzu herangezogen. Die zum Teil mit Bäumen und starken Aesten versperrten Straßen wurden zunächst freigemacht und es galt auch, die zerstörten Licht- und Telephonleitungen wieder herzustellen. Auch am Sonntag wurde gearbeitet. Am Sonnabend weilte der kommissarische Landrat von Hoffmann aus Harburg in dem schwer heimgesuchten Dorfe, um sich von der Größe des Unglücks persönlich zu überzeugen. Von der Lüneburger Regierung war noch kein Vertreter erschienen,
obwohl es hieß, daß auch der Regierungspräsident zu erwarten
sei. Auch Kreistagsabgeordnete besichtigten das Trümmerfeld. Wie
mitgeteilt wird, ist bei der Kreisverwaltung ein Dringlichkeitsantrag
eingebracht worden, der sich mit den verheerenden Folgen der Sturmkatastrophe
in Elstorf beschäftigt. Er soll am morgigen Dienstag in der Kreistagssitzung
in Harburg besprochen werden und richtet sich auf Maßnahmen zur
Linderung der von dem Unglück aufs schwerste Geschädigten. Die
Betroffenen, unter denen sich neben Landwirten auch sonstige kleine Leute
befinden, sind um so mehr zu bedauern, als Deckung durch Sturmversicherung
in allen Fällen nicht in Frage kommt und die Hagelversicherung sich
nur auf den angerichteten Feldschaden bezieht. Jedenfalls ist die Not
groß. Dem gegenüber hat die am gestrigen Sonntag bei den vielen
Besuchern der Unglücksstätte - meisten teils handelte es sich
um Ausflügler, die zum Teil auch aus Hamburg kamen, mit Kraftfahrzeugen,
da die nächste Eisenbahnstation zu weit abliegt - eingeleitete kleine
Sammlung zugunsten der Geschädigten nichts zu bedeuten. Es bedarf
eben stärkerer Hilfe und zwar möglichst schnell, denn die meisten
der Betroffenen stehen zunächst vor dem Nichts.
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